Das Tier und sein Feiertag.

Es geschah im Jahr 1996, als ein schwedischer Exporteur von Spanholz, Inbusschlüsseln und Teelichtern einen eigenen Feiertag für Hunde erfand: Knut. Dabei bleibt es bis heute unklar, ob der schwedische Feiertag wirklich schwedisch ist, geht er doch angeblich auf einen dänischen König zurück und wurde auch in Finnland als “Nuutinpäivä” bekannt, was ja ganz ähnlich klingt wie Knut. (Ich frage mich gerade – stark vom eigentlichen Thema abschweifend – wie Finnen ihre Hunde nennen. Vielleicht würde Panini dort ja “Päiniini” heißen oder “Bröötenen”.) In jedem Fall schwappte Knut wohl auch via Finnland nach hierzulande, wobei er dann ja gar nicht schwappen hätten müssen, er hätte auch einfach den Landweg über St. Petersburg nehmen können. Sei’s drum, Knut kam hier an und bereitet den Hunden seither ein helles Vergnügen.

Überall auf den Bürgersteigen liegen an Knut Bäume, die zuvor in Wohnzimmern gefällt wurden und verbreiten neuartige Düfte, die Hunde magisch anziehen. Auch Hunde ohne Stammbaum haben eine genetisch tief verwurzelte Beziehung zu holzigen Pflanzen und so kommt ihnen die neue Stadtdeko sehr entgegen. Die Bäume riechen nach Silvesterfondue und nach Weihnachtsraclette, nach der zu lange geschmorten Weihnachtsgans und den Räuchermännchen aus Thüringen, nach dem Missgeschick mit Opas Zigarre und der Feuerzangenbowle. Und dies ist nur die Kopfnote! Hinzu kommen Essenzen aus Wald und Harz als Basisnote und die Markierungen unzähliger Hunde aus der Nachbarschaft als Herznote. Kurzum: Herumliegende Weihnachtsbäume sind der reinste Nasenspielplatz. Das gilt sogar für Hunde mit einer chronischen Rhinitis wie das Brötchen einer ist. Unsere Spaziergänge sind derzeit ein wahres Weihnachtsbaumhopping, auf unserer Morgenrunde liegen aktuell geschätzte 25 Exemplare. Für mich bedeutet das, dass mich noch wärmer anziehen muss als ohnehin schon, denn ich muss viel herumstehen, gern auch im Regen. Die Faszination, die von sterbenden Nadelhölzern ausgeht, erschließt sich mir persönlich weniger, ich rieche absolut nichts und hübsch sehen die nadelnden Gerippe auch nicht unbedingt aus. Dennoch stehe ich minutenlang im dichten Landregen davor und beobachte, wie mein Hund Spurensicherung betreibt, innerlich kleine Zahlenkärtchen aufstellt, um die einzelnen Spuren durchzunummerieren und dann selbst eine weitere hinzufügt. Erst danach können wir den nächsten (liegenden) Baum ansteuern.

Als Panini vor acht Jahren bei mir einzog, wurde sie wenige Tage nach ihrer Ankunft operiert und konnte sich danach jeweils nur kurz und auf drei Beinen fortbewegen. Dann kam Knut, bescherte den mühsamen Runden willkommene Abwechslung und belebte die Lebensgeister des Tiers. Das ist auch heute so – Panini tut sich krankheitsbedingt oft schwer mit dem Gassi und verliert manchmal die Lust. Dank Knut kann sie ihre Handicaps leichter vergessen und ihrem liebstem Hobby, der Spusi, nachgehen. Bald wird Knut wieder verschwinden und vereinzelte Nadeln zurücklassen – und natürlich unzählige Markierungen auf den Bürgersteigen, die nach und nach verblassen. Für die Hunde ist es schade, dass es nun wieder 12 Monate dauern wird bis zum nächsten Knut. Vielleicht könnte man einen weiteren Feiertag mit ähnlichen Effekten einführen. Zum Beispiel “Elli”, der Tag, an dem nach den Sommerferien alle während des Urlaubs vertrockneten Topfpflanzen zur Abholung vor die Tür gestellt werden. Olfaktorisch bietet das nicht ganz so viel, aber es wäre immerhin besser als nichts.