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Noch ein Jahresrückblick.

30. Dezember 2015

Gerade erst habe ich über mein erstes Jahr mit Panini geschrieben und es fühlte sich gut an, dass so viele dunkle Stunden hinter uns liegen. Dass es ihr so gut geht und wir Pläne schmieden können. Leider muss ich meinem Jahresrückblick noch ein entscheidendes Kapitel anfügen. Am Nachmittag des 23.12. rannte Panini übers Feld, übervoll mit Lebensfreude und Energie. Aber unser Spaziergang endete nicht gut. Auf den letzten Metern humpelte sie plötzlich und nachdem klar war, dass keine Dorne oder Klette im Füßchen die Ursache war, schrillten meine Kreuzband-Alarmglocken.

Wer einmal einen Hund mit Kreuzbandriss hatte, weiß, dass man vor allem die ersten anderthalb Jahre nie ganz angstfrei unterwegs ist. Denn das Risiko, dass in der Folge der einen Verletzung auch ein Kreuzband auf der gegenüberliegenden Seite reißt, liegt – je nach Rasse – bei über 50%. Ich wusste immer, dass das passieren kann – aber immerhin nicht muss. Vielleicht, so hatte ich still gehofft, kommen wir daran vorbei. Als Kur hatte sie mehrfach Unterstützendes für die Bänder bekommen, Ackerschachtelhalm und Kollagenhydrolysat vor allem. Doch gegen das Schicksal ist kein Kraut gewachsen. Panini hat schwaches Bindegewebe, vielleicht als Ergebnis schlechter Ernährung im Wachstum. Man kann versuchen, das zu beeinflussen. Aber es bleibt ein Versuch.

Ein Hund kann wegen vieler Ursachen humpeln. Und trotzdem wusste ich schon auf dem Weg zum Tierarzt, was los ist. Man weiß es eben. Der Arzt überprüfte zunächst den Rücken auf Ischias-Probleme, bevor er mit einem beherzten Griff am Bein ein markerschütterndes Geräusch auslöste, das aus Panini kam.

Der OP-Termin für den Kreuzbandriss war erst ungewiss, dann aber legten wir den 29.12. fest. Ein Glück, denn Panini weigerte sich wirklich bis zum Termin, auch nur mit den Zehenspitzen des verletzten Beins den Boden zu berühren. Lange hätte ich sie nicht auf drei Beinen laufen lassen wollen, das andere Hinterbein ist ja nun auch nicht eben ein unbeschriebenes Blatt. Schnell hatte ich mir deshalb angewöhnt, sie nicht nur auf der Treppe, sondern auch auf aus Hundesicht unattraktiven Abschnitten unserer winzigen Pipi-Runde zu tragen, damit sie nicht unnötig läuft. Um meinen eigenen Bandscheibenvorfall abzuwenden, kaufte ich im Expressversand einen kleinen, schicken Handwagen. Damit hatten wir bei unserem Weihnachtsbesuch gute Erfahrungen gemacht – auf einem Ausflug thronte Panini in einem Bollerwagen. So kann man zwar nicht am Boden schnuppern, aber doch die Nase in den Wind halten und hernach mitreden. Man war ja dabei.

Während Panini unterm Messer lag, kämpfte ich nun also mit der Montage eines Handwagens, der sie als Taxi vom Tierarzt abholen sollte. Ich hatte keine Ahnung, ob das ein guter Plan war, aber es war immerhin einer. Man darf sich ja nicht der Verzweiflung und Kopflosigkeit hingeben, die einen in Wahrheit überfällt. Für das nächste halbe Jahr: Kein gemeinsames Laufen, kein Urlaub mit schönen langen Spaziergängen, keine Hundeschule, kein glücklich freies Rennen im Feld, kein Anti-Giftköder-Training. Gehen Sie zur Kreuzbandriss-Operation. Begeben Sie sich direkt dorthin, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie kein weiteres unbeschwertes Hundeglück ein.

Als Hunde-OP-Profi weiß ich, dass der Hund nach überstandenem Eingriff am späten Nachmittag ordentlich Druck auf der Blase hat, vermutlich wegen der Infusionen. Also versuchte ich den der Praxis nächstgelegenen Baum als Klo zu deklarieren und sie zum Pipimachen zu bewegen. Aber Panini war viel zu dormelig, um diese Gelegenheit zu erkennen. Also hob ich sie mit klopfendem Herzen in den Wagen und zog los. Auf den ersten Metern blieb sie starr stehen, doch dann ließ sie sich einfach in den mit Decken gepolsterten Wagen fallen. So sieht Glück aus: Weder Frauchen, noch Hund müssen sich quälen, können einfach so den Heimweg antreten. Vor der Haustür angekommen, bewegte ich sie zum Aussteigen und rief: Panini, schau, so ein Zufall! Dort vorne ist ein Hundeklo! Mit trübem Blick steuerte der Hund dreibeinig auf den angezeigten Grasbüschel zu und tat, was getan werden muss. Glück, Teil 2. Ich wusste, wenn ich sie erst einmal in der Wohnung habe, muss sie so bald nicht mehr raus und kann sich ihrem Rausch hingeben.

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Die Nacht war unruhig, ich schlief in vielen Fetzchen und dem Hund ging es nicht anders. Doch die lange Nüchtern-Zeit haben wir ohne Bauchquietschen geschafft, der Hund frisst wieder mit Appetit und ging bis jetzt nicht an die Naht. Der berühmte Trichter, der bei solchen Gelegenheiten immer zum Einsatz kommt, ist, ebenso wie seine Alternativen, keine Option für Panini. Zu dicker Hals, zu kleiner Kopf. Das Ding bleibt nie länger als 2 Minuten am Hund. Also muss es ohne ihn, dafür aber mit stetiger Beaufsichtigung gehen. Wir haben das zwei Mal geschafft, also wird es auch ein drittes Mal gehen.

Nun sind wir also wieder auf Anfang. Und ich zähle wieder Tage und Wochen. 11 Tage bis zum Fädenziehen. Zwei Wochen nur Minirunden. Dann vorsichtige Verlängerung von 5 Minuten pro Woche. Physiotherapiebeginn nach ca. drei Wochen. Acht Wochen Leinenzwang. Nach 12 Wochen vorsichtiger Einstieg in die Normalität. Wenn dieses Mal alles klappt. Beim letzten Mal ging alles schief und uns kam erst ein Spondylose-Schub dazwischen und dann stimmte irgendetwas im Knie nicht und es musste nochmal reingeguckt werden. Möge dieses Mal alles gut gehen. Bitte.

Sie sind nur kurz, aber es gibt diese Momente. In denen ich denke: Du hast dich übernommen. Du schaffst das nicht. Es ist zuviel für dich allein. Ich habe bei meinem normalen Leben die Pausetaste gedrückt, um sie zu gesund zu bekommen. Alles muss warten. Manchmal schwinden die Kräfte. Aber dann gibt es diese anderen Momente. Die Tierschutzorganisation, die Panini nach Deutschland brachte, hat einen Jahresbericht geschickt. Darin steht, dass es in dem Canile, in dem Panini gelebt hat, zweimal zu schlimmen Zwischenfällen gekommen ist. Einige Hunde haben einen Zaun zwischen zwei Gehegen niedergerissen und im Nachbargehege mehrere Hunde totgebissen. Panini hat etliche Bissnarben, sie ist ein Opfer für frustrierte Hunde. Gut möglich, dass sie längst nicht mehr leben würde, hätte nicht eine Frau aus Wiesbaden gesagt: „Einen Platz zur Ausreise haben wir noch, komm, wir nehmen noch die kleine Helle dazu, die guckt so lieb.“

Dann weiß ich wieder, dass das alles so sein muss und dass es mein Job ist, diesem Hund ein möglichst schmerzfreies, glückliches Leben zu ermöglichen. Weil ich es kann. Weil ich Kreuzbandriss-OPs bezahlen kann und Handwagen kaufen. Weil ich sie so lange und so oft drücken und beschmusen kann, wie sie es braucht. Weil ich Bio-Papaya in Würfel schneide und einfriere und danach mit dem Hammer draufhaue, weil das ganze so saftig war, dass es zu einem riesigen Klumpen gefroren ist (sie soll das für ihre Bauchspeicheldrüse bekommen). Weil ich Pansensuppe in der Küche aushalte und ich sie zum Schwimmen fahre. Weil ich sie jeden Tag insgesamt 200 Stufen nach oben tragen kann und genausoviele runter. Und weil sie eben genau das verdient hat. (Gut, ich könnte auch im Erdgeschoss wohnen, das wäre vom Schicksal schlauer eingerichtet gewesen. Aber es ist, wie es ist). Also, durchhalten. Und heute Abend aufs Heizkissen legen. Wegen dem Rücken. Und morgen gehen wir wieder zum Tierarzt. Mit dem Hundetaxi.

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7 Kommentare

  • Antworten Blumenmond 31. Dezember 2015 um 6:57

    Liebe Heidi,

    ich bewundere Deine Ausdauer. Ich wiederhole mich, indem ich schreibe, dass Panini so ein Glück hat, Dich getroffen zu haben. Ich drücke alle Daumen, die ich hab, dass jetzt alles perfekt verläuft, keine Überraschungen auf Euch warten und Ihr in 2016 nach Genesung ein unbeschwertes Frauchen-Hund-Dasein pflegen könnt.

    Gruß
    Anja

    • Antworten Heidi 31. Dezember 2015 um 11:44

      Wozu ist man 16 Jahre lange Strecken gelaufen? 😉 Danke für Deine guten Wünsche und für’s emsige Kommentieren 2015. Dir auch alles beste für 2016!
      LG
      Heidi

  • Antworten Maren 3. Januar 2016 um 20:13

    Hallo Heidi,
    meine Summer hatte im März 2013 einen Kreuzbandriss hinten links.Relativ gut verheilt, aber immer wieder kleinere Probleme nach viel Action. Letztes Jahr im Januar 2015 fing die andere Seite an, aber noch stabil genug. Und seit gestern habe ich einen dreibeinigen Hund. Wahrscheinlich Kreuzbandriss rechts hinten also auf der anderen Seite. Meine Gefühle sind auch gerade durcheinander . Morgen früh habe ich den TA Termin.
    Mir wurde immer wieder gesagt, wenn erst dass eine Kreuzband durch ist folgt irgendwann auch die andere Seite. Wahr haben wollte ich es auch nicht, aber es ist uns wahrscheinlich gestern passiert
    Alles Gute für dein Hund und dich!
    Wir werden jetzt wieder einen Neustart machen und hoffen, dass es im Sommer wieder gut aussieht !
    Alles Liebe Maren

    • Antworten Heidi 3. Januar 2016 um 20:42

      Hallo Maren,
      ich weiß genau, wie Du Dich fühlst! Das Gute ist: Wir haben nichts falsch gemacht, man kann es einfach nicht verhindern. So müssen wir es nehmen, wie es kommt. Alle Gute für euch und halte mich gern mal auf dem Laufenden, wie es euch geht, so unter Leidensgenossen.
      Viele Grüße
      Heidi

  • Antworten Maren 4. Januar 2016 um 18:12

    Es ist ein Kreuzbandriss . Die OP ist am 13.1. 15 !
    Drücke mir die Daumen,dass alles gut läuft .
    Läuft Panini nach zwei Kreuzband-Ops wieder gut?
    LG
    Maren

    • Antworten Heidi 4. Januar 2016 um 19:46

      Da drücke ich auf jeden Fall! Panini wird noch eine Weile brauchen, bis sie wieder ordentlich geht. Noch tritt sie nicht wieder auf mit dem Beinchen (heute ist der 5. Tag nach der OP). Das liegt aber nicht an den Schmerzen, sondern scheint so eine Kopfsache zu sein. Sie traut sich nicht, außerdem weiß sie, dass sie auf drei Beinen schneller ist. 🙂 Man muss Geduld haben und noch langsamer vorgehen, als man das bei einem einmaligen Riss tun würde. Also wirklich nur zum Geschäftemachen raus, unser Tierarzt sagt, für 3 Wochen. Damit man eben das andere Bein nicht überlastet. Wir werden auch wieder die Physio nutzen, um dem Muskelabbau entgegen zu arbeiten. Denn die Muckis stabilisieren ja die Gelenke. Kopf hoch, wir schaffen das!
      LG
      Heidi

  • Antworten Maren 5. Januar 2016 um 9:57

    Guten Morgen,
    Ach so, das war auch jetzt erst. Habe gedacht es ist etwas her, also auch alles frisch passiert wie bei uns . Dann war das Foto April der erste Kreuzbandriss und jetzt gleich der zweite ☹️.
    Ja, lass uns mal austauschen wie sich unsere Hunde die nächsten Wochen machen. Vielleicht können wir uns gegenseitig trösten und über Erfolge freuen .
    LG
    Maren

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