Drinnen

Das ängstliche Tier.

26. Juli 2015

Das Tier kommt aus Italien und hat ein sonniges Gemüt. Seine italienischen Momente im Leben bestehen aus der leidenschaftlichen Aufnahme von Fressbarem, reichlich Schlaf und intensivem Körperkontakt. Noch vor einigen Wochen hätte ich gesagt, das Tier ist robust bis zur Unsensibilität was typische Angstfaktoren betrifft. Gut, Silvester scheint nicht eben ein Lieblingstag von Panini zu sein, aber wenn man sich wenige Tage nach einer OP in einer verhältnismäßig fremden Wohnung plötzlich kriegsähnlichen Zuständen gegenübersieht, ist ein bisschen Angst nicht besonders verwunderlich.

Nun aber hat das Tier ein homöopathisches Konstistutionsmittel bekommen und zeigt eine neue Sensibilität. Insbesondere Windgeräusche und elektrische Spannung in der Luft machen aus dem lustigen kleinen Fressmonster ein verschrecktes Hascherl, das einen ansieht, als hätte es über Nacht heimlich die DVD-Sammlung mit den Horror-Streifen durchgezappt.

Das Tier ist nicht mehr es selbst. „Aber eben gerade doch!“ sagt die Tierheilpraktikerin, „es ist jetzt mehr denn je es selbst!“ Aha. Bislang dachte ich, einen recht kartoffeligen, beinahe schon stumpfen Hund an meiner Seite zu haben, nun stellt sich heraus, dass es sich um einen plüschigen Seismographen handelt, der schon vor mir weiß, dass ich gleich aufs Klo muss. Daran muss ich mich erst einmal gewöhnen.

Am Augenfälligsten zeigt sich Paninis Veränderung bei der gegenwärtigen Gewitterstimmung. Das Tier ist in Alarmbereitschaft. Schließe ich ein Fenster etwas zu energisch, denkt sie, es sei zugefallen und sucht Schutz. Wäscheständer, Stuhlbeine oder Badewannen sind offensichtlich in Hundekreisen als Trutzburgen bekannt und werden unverzüglich zur Anlehnung aufgesucht. Windgeräusche sind Panini ein Graus. Verändert sich das Licht draußen und zeigt einen herannahenden Regenschauer an, verändert sich auch der Hund und läuft aufgeregt hin und her. Kommt es allerdings tatsächlich zu einem Gewitter, hilft nur noch körperliche Nähe. Das Tier darf nicht ins Bett und weiß das sehr genau, aber in ganz offensichtlich lebensbedrohlichen Wetterlagen kann es darauf keine Rücksicht nehmen. Wie schimpft man mit einem Hund, der vor Angst bibbert? Gar nicht. Man legt sich in Löffelchenhaltung zum Tier, sagt „Aber nicht pupsen!“ und löscht das Licht. „Das hast du richtig gemacht!“ Sagt die Hundtrainerin. Puh.

Zweimal gewitterte es in diesen Tagen nachts, laut und garstig. Und zweimal ließ sich der Hund nur mit Körpernähe beruhigen. Dann aber sofort. Das Tier drückt sich an mich, seufzt und entschlummert. Während sein menschlicher Gegenpart versucht, ein Gewitter zu ignorieren UND bei 30 Grad ein Heizkissen im Bett zu schätzen. Das Tier ist für meine Flexibilität sehr dankbar, was es gegen 4 Uhr in der Früh durch eine jähe Kuss-Attacke zum Ausdruck bringt.

Diesen Text habe ich gestern geschrieben, als wir sonst keine Probleme hatten. Heute aber ist das Tier kein ängstliches, sondern ein magenverstimmtes. Sie hat etwas gefressen, was sie nicht fressen sollte und nun hat sie seit inzwischen 18 Stunden das Fressen gänzlich eingestellt. Gottlob trinkt sie und hat auch gestern artig erbrochen, so dass eigentlich kein Anlass zu großer Sorge bestehen sollte. Eigentlich. In Wahrheit bin ich aber zu besorgt, um weiter schreiben zu können. Denn wenn Panini ihren zwei größten Hobbys Fressen und Kuscheln nicht nachgehen mag, muss etwas nicht stimmen. Naja. Wird schon.

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