Draußen

Die großen 5 Tierarzt-Typen.

5. April 2021
Tierarzt-Typen

Das Tier und ich sind auf du und du mit Tierärzten. Während ich beim Thema „Impfung durch Hausärzte“ ein wenig ratlos ins Leere schaue, da ich gar keinen Hausarzt (und auch keine Hausärztin) habe, hat mein Hund in den letzten Jahren etliche Praxen besichtigt und ihre Ausstattung in Bezug auf Leckerchen ausgiebig überprüft. Im Laufe der Zeit konnte ich ganz bestimmte Tierarzt-Typen ausmachen, die ich hier für euch darstellen möchte. (Wenn ich dabei durchgängig in der männlichen Form schreibe, liegt es daran, dass ich den Typus meine, nicht etwa ein bestimmtes Geschlecht.) Wie immer bei meinen Typisierungen sind auch dieses Mal wieder Mischformen möglich.

1) Der Wortkarge

Der Wortkarge ist grundsätzlich an Medizin interessiert. Für die veterinäre Abteilung entschied er sich bei seinem Studium vor allem deshalb, damit er nicht von Menschen behelligt wird. Dabei hat er leider nicht bedacht, dass Tiere nur in den seltensten Fällen unbegleitet und aus eigenem Antrieb in die Praxis kommen. Auf Fragen wie „Ist so etwas gefährlich?“ oder „Wie oft soll ich das dem Tier geben?“ antwortet er mit einem Geräusch, das „ja“, „nein“, „morgens“ oder auch „abends“ bedeuten kann. Vielleicht hat er sich aber auch einfach nur geräuspert. Corona ist für den Wortkargen ein Geschenk: Endlich hat er ein Argument, um die lästigen Zweibeiner aus seinem Behandlungszimmer zu verbannen. Wortkarge sind oft gute Diagnostiker – man muss die Diagnose dann nur eben mit Hilfe der tiermedizinischen Fachangestellten rekonstruieren.

Typischer Satz: „Seit wann?“

2) Dr. Dutzi-Dutzi

Dieser Typus liebt seinen Beruf. Er ermöglicht ihm schließlich, jeden Tag gegen Geld mit Tieren zu kuscheln. Dr. Dutzi-Dutzi ist bei Patientenbesitzern sehr beliebt, denn sie bekommen das Gefühl, das tollste Tier der Welt zu haben. „Du hast abba süüße Öhrli, kleine Maus!“ flötet er zur Begrüßung. Das Abtasten ist eher ein intensives Kraulen, was durch die Gabe von Keksen unterbrochen wird. Schmerzhafte Befunde werden mit „Du armer, armer Schatz, bitu soo tapfer!“ kommentiert. Als Therapie eignen sich in den Augen von Dutzi-Dutzi dann auch vor allem „ganz viel Liebe“, „heute Abend das Lieblingsfutter“, und „nur mit Mäntelchen rausgehen“. Für kleinere Probleme ist dieser Tierarzt-Typ nicht die schlechteste Wahl. Wenn es ernst wird, kommt man hier aber kaum weiter.

Typischer Satz: „Toooooll! Das machst du abba feiiin!“

3) Der Anwalt

Ähnlich wie beim Wortkargen ist die soziale Kompetenz des Anwalts eher unterdurchschnittlich ausgeprägt. Er folgt unbeirrt seinem eigenen Glaubensbekenntnis: 1. Patientenbesitzer haben keine Ahnung von ihren Tieren. 2. Sie machen alles falsch. 3. Im Grunde müsste man allen Leuten ihre Tiere wegnehmen, aber leider ist das nicht möglich. 4. Und ich soll es am Ende dann wieder hinbiegen. 5. Ich versuch es mal in einfachen Worten zu erklären, aber im Grunde ist Hopfen und Malz verloren. Dementsprechend sieht sich dieser Typus als Anwalt des Tieres, das sich in den Fängen eines vollkommen inkompetenten Besitzers befindet. Den schüchtert er gern mit Satzfolgen ein wie: „Sie kennen ja sicher den Dorbrecht-Griff. Nicht? Ach herrje.“ Oder: „Das können Sie gern so machen, aber dann ist ihr Tier morgen querschnittsgelähmt.“ Wer eine masochistische Ader hat, ist bei diesem Tierarzt-Typ bestens aufgehoben.

Typischer Satz: „Und folgendes machen Sie bitte NICHT:“

4) Dr. Oldschool

Antibiotika, Schmerzmittel, Cortison – das ist das magische Therapiedreieck von Dr. Oldschool. Er ist in der Welt der Symptome zuhause – die Ursachenforschung ist seine Sache nicht. Ob Wurmkuren, Hundefutter, Impfungen oder Zeckenprophylaxe – Dr. Oldschool ist stets auf dem aktuellsten Wissensstand von 1985. Neumodische Therapien wie Hundephysiotherapie, Blutegeltherapie (erst ca. 3.000 Jahre alt) oder Moro’sche Möhrensuppe (aus dem Jahr 1908) haben in seinem Instrumentarium keinen Platz. Gleichwohl wird Dr. Oldschool oft weiterempfohlen, weil er souverän und überlegen wirkt und auf alles eine Antwort hat. Darüber hinaus weiß Dr. Oldschool vor allem mit älteren Tierbesitzern umzugehen und sie zu beruhigen.

Typischer Satz: „Das hatten unsere Hunde früher ja auch nicht.“

5) Der Alternative

Die meiste Zeit verbringt der Alternative mit einer herzhaften Beschimpfung der Kollegen. Wer zum Alternativen kommt, war häufig zuvor bereits bei anderen Ärzten und das weiß der zu kommentieren. Begriffe wie „Unverantwortlich“, „Blind“, „Schlecht gemacht“ gehören zum alltäglichen Vokabular. Die erste Amtshandlung des Alternativen: Entgiften. Auch ein Hund mit verstauchter Pfote muss zu allererst entgiftet werden, damit hernach das Immunsystem gestärkt werden kann, zusammen mit einer Darmsanierung. Schließlich hängt alles mit allem zusammen. Die Alternativen lassen sich in zwei Gruppen aufteilen: Die Kompetenten und die Irrsinnigen. Da Alternative grundsätzlich zu merkwürdig anmutenden Gewohnheiten neigen, lässt es sich leider erst bei wiederholten Besuchen herausfinden, zu welcher Gruppe ein Arzt gehört.

Typischer Satz: „Hier fließt die Energie nicht.“

Bild © dima_sidelnikov – istockphoto.de

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5 Kommentare

  • Antworten Kiki Laudann 5. April 2021 um 19:53

    Juhuu – wieder ein neuer Beitrag von „Kommst Du hierher!“ bei der der findige Hund die begnadete Schriftsteller-Hundebesitzerin mit immer neuen Geistesblitzen versorgt. Ein Teamwork der besonderen Art, bei dem man bereits nach zwei Zeilen gute Laune hat, egal, in welchem Keller sie sich vorher herumgetrieben hat. Ein großes Hoch auf die Beiden!

  • Antworten A. Barth 6. April 2021 um 10:56

    Ach wie schön, hier wieder etwas lesen zu können! Und etwas so Wahres!
    Tatsächlich haben mein Hund und ich bei genauerem Nachdenken schon mit – zumindest tendenziell -dreien dieser Typen schon zu Tun gehabt. Aber am gefährlichsten finde ich die “ Alleskönner.“ Damit meine ich diejenigen unter den normalen Tierhausärzten, die ihre Grenzen nicht kennen. Dann wird auf Teufelkommraus am Tier rumgedoktert und falsche Diagnosen gestellt, anstatt einen Facharzt zu empfehlen. Deshalb finde ich meine TA toll, sie ist ein bisschen Dutzi-dutzi, lässt sich viel Zeit, strahlt eine unheimliche Ruhe aus, sodass sogar mein verhuschter Hund sich ein bisschen entspannt und weiß genau, wo ihr Können endet.
    Dieser Artikel bedeutet aber doch hoffentlich nicht, dass das arme kleine Brötchen gesundheitliche Probleme hat, also mehr als üblich? Hoffentlich nicht!
    Liebe Grüße Anja& Lotta

  • Antworten Lena 7. April 2021 um 17:30

    Wie immer herrlich!! Ich habe mit meinem Hund, zum Glück, bisher nur zwei gehabt. Liegt wahrscheinlich auch daran, dass er erst ca. 4 Jahre jung ist. Aber die Typenbeschreibung passt doch sehr gut auch auf „Menschen“-Ärzte, außer vielleicht meiner neuen Hausärztin 😉 Dr. Dutzi-Dutzi „kuschelt“ dann halt mehr verbal 🙂 Ich persönlich würde dann doch lieber zu einem „Seit wann?“ gehen (sicherer)
    Trotzdem wünsche ich euch so wenige, wie nur möglich, Anlässe zu einem Arzt (ob für Tier oder Mensch) gehen zu müssen! Und wenn, dann nur für Leckerchen …

    • Antworten Elli 9. April 2021 um 19:43

      Das erinnert mich an die TV-Serie „Dr. House“. Der größte A…, aber ein derart brillanter Diagnostiker, dass man sich fragt, wo würde ich im Notfall eigentlich lieber hingehen.
      Meine TÄ ist wie die von Anja und ich bin unglaublich glücklich, sie zu haben.

  • Antworten Christine 23. April 2021 um 22:55

    Ich bin heute per Zufall über den Blog gestolpert und habe mich beim Lesen des Beitrags über die Tierarzt-Typen sehr gut amüsiert. Mein Mann ist Tierarzt und wir haben natürlich diskutiert welcher Typus er ist ( ich meine „Anwalt“ gemischt mit – gelegentlich -etwas wortkarg) Tolle Texte mit viel Selbst- Reflektion & Ironie. Man trifft ja immer wieder auf starke Meinungen bei einigen Hundebesitzern da ist die Haltung zum
    Leben mit Hund in diesem Blog sehr wohltuend. Ich werde ab jetzt regelmäßig reinlesen.

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