Draußen Drinnen

Anti Brumm und der Loisachtaler Schäfertopf

15. September 2019
Anti Brumm und der Losachtaler Schäfertopf

Ich bin eine Schande der Menschheit. Das befand zumindest diese Woche ein verknitterter, vor Wut schäumender Mann, der sich offenkundig selbst für die Krone der Schöpfung hielt. Sicher seid ihr jetzt ein wenig neidisch und fragt euch, wie man es schafft, etwas so Bedeutendes wie eine Schande der Menschheit zu werden. Hier habe ich eine gute Nachricht. Ihr müsst dazu nicht das Coaching „In sechs Monaten zur Schande der Menschheit!“ buchen. Auch die Ratgeber „Schande der Menschheit – das erfolgreiche 10 Schritte-Programm“ oder „Schande des Menschheit für Dummys“ könnt ihr im Regal stehen lassen. Ihr müsst einfach nur mit einer anderen Hundebesitzerin vor einer Bäckerei stehen und euch unterhalten. Reicht.

Das Gute ist: Als Schande der Menschheit ist man wahnsinnig beliebt. Das Schlechte: Nur bei Insekten. Treue Leser/innen dieses Blogs wissen, dass ich mit Herbstgrasmilben, Kriebelmücken und vermutlich weiteren mir unbekannten Krabblern kämpfe, wohingegen mein Tier weiterhin unbehelligt durch hohes und bewohntes Gras schreitet. Ich gebe zu – ich neide ihm das ein wenig. Ich werde schon gestochen, wenn ich mir nur das Foto einer Stechmücke ansehe. Teile meines Körpers sehen aus, als sei ich von schwerer Akne heimgesucht, aber es handelt sich nur um die Fläche eines abgegrasten Buffets, zu dem ich scheinbar in den warmen bis mittelwarmen Monaten verkomme. Mein vorherrschendes Lebensgefühl ist derzeit Juckreiz. Was tun?

Ich experimentiere noch. Irgendwie scheint es mir wenig praktikabel, mich tagtäglich mit Giften zu benetzen. Was für einen zeitlich begrenzten Urlaub in finnischen Wäldern noch schlüssig erscheint, ist für ein ganz normales Leben in einer deutschen Großstadt wenig sinnvoll. Zumal wenn man nicht nur an die ganz kleinen Tiere denkt, sondern auch an das große, was bei mir wohnt. Ich möchte nicht, dass der Hund mit garstigen Substanzen wie DEET in Kontakt kommt, was anerkanntermaßen das wirksamste Mittel gegen Insekten zu sein scheint. Aber auch ich mag mich damit nicht ständig benebeln.

In meiner Not besorgte ich mir ein Spray, was auch für Kleinkinder empfohlen wird und DEET-frei ist – auch wenn Rezensionen warnen, das Spray wirke ähnlich gut wie Bio-Abflussfrei, nämlich nicht. Irgendwas muss man ja tun. Außerdem wollte ich den Hersteller des Sprays für die Wahl des Markennamens belohnen. „Anti Brumm“ gehört sicher zu den Top Ten aller Markennamen überhaupt. Finde ich zumindest. Es sollten viel mehr Produkte deutlich sprechende Namen haben wie „Fleckweg“ oder „Fußfrisch“ Ich kaufte also „Anti Brumm Natural“, in der Hoffnung, dass allein der Name das saugende und beißende Getier abschreckt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, das heißt immerhin, dass sie nach den Mücken stirbt.

Nach dem morgendlichen Duschen sprühte ich mich also versuchshalber mit dem Spray ein. „Riecht ein bisschen kräftig“, dachte ich. Aber egal. Wenns denn hilft? Das Brötchen und ich machten uns danach auf zum Morgengassi und ich wurde vor der Bäckerei zur Schande der Menschheit. So geadelt betrat ich nach meiner Rückkehr die Wohnung. Es roch unfassbar. Mir schlug ein Geruch entgegen, als hätte ich vor meinem Aufbruch das Sofa, das Bett und alle Teppiche mit Toilettenreiniger getränkt. Ein streng beißender Zitronengeruch hing über allen Zimmern. Auch ohne den Wirkungstest des Sprays abgeschlossen zu haben, wusste ich, dass dieses Spray keine Lösung war. Es hätte „Anti Mensch“ heißen müssen. Panini schien sich an dem Geruch kein bisschen zu stören. Wenigstens das.

Am Abend dieses denkwürdigen Tages bekam das Tier den Inhalt einer Hundefutterdose zu fressen. Das ist selten, üblicherweise füttere ich das Tier freihändig. Aus Zeit- oder anderen Gründen kann es auch mal eine Dose sein. Dabei wähle ich möglichst naturreine Sachen, bevorzugt Bioqualität und am liebsten mit möglichst wenigen Zutaten und ohne Zusätze. Ich brauche nicht unbedingt altes, erhitztes Leinöl im Futter oder irgendwelche Kräuter, ich gebe gern selbst Dinge hinzu, dann weiß ich genau was und wie viel es ist. So kam ich eines Tages auf den kleinen bayerischen Futterhersteller „Loisachtaler“. Der Hersteller macht keine Gefangenen. Lammfleisch mit Innereien, Hirse, Karotten. Zack, fertig. Keine Brühe, das Zeug hat Qualität und Substanz. Die Deklaration ist zwar nicht sehr gut, aber gut und ich finde den Hersteller vertrauenswürdig. Auf Bezeichnungen wie „Alleinfutter“ achte ich ohnehin nicht und die Dose muss für mich auch nicht alles enthalten, da Panini ja wie gesagt gemischte Kost bekommt und ich Zusätze selbst wähle. Aber die Grundzutaten müssen ordentlich sein, das ist wichtig.

Der „Loisachtaler Schäfertopf“ gehört zu Paninis Top 5 Mahlzeiten. Sie liebt ihn sehr. Ich mag – mal wieder – den Namen. Für mich klingt es, als habe man gerade eine lange auszehrende und herbstliche Wanderung durch das sicherlich schöne Loisachtal unternommen und kehre nun nach vielen Stunden in einer urigen Gastwirtschaft ein. Direkt beim Kachelofen lässt es sich gut sitzen und die klammen Gliedmaßen werden wunderbar gewärmt. Die Empfehlung des Tages: Der Loisachtaler Schäfertopf, ein im Tontopf sanft geschmortes Lammgulasch mit Möhren und Kartoffeln, dazu trinken wir ein sicher köstliches Loisachtaler Pils vom Fass, bevor wir erschöpft, aber satt und gewärmt in die rot-weiß karierten Laken sinken. Ich musste dieses Hundefutter einfach kaufen und mein Hund ist mir dankbar für meine Willenlosigkeit. Nicht nur in diesem Fall.

Es gibt nur einen einzigen Nachteil, den der Loisachtaler Schäfertopf hat. Er stinkt bombastisch. Wahrscheinlich ist mal wieder Pansen drin versteckt, was auch Paninis Begeisterung erklären würde. Dass sie die Schüssel nicht mitverspeist ist verwunderlich, bei dieser jähen Begeisterung für den Schäfertopf. Und so kam es, dass ich an diesem Abend in Kissen sank, die zwar nicht rot-weiß kariert waren, dafür aber umwölkt von einer Geruchswand, die man als einen Dialog von Klostein mit Misthaufen bezeichnen könnte. Womit ja eine gewisse Harmonie wieder hergestellt war. Ich wachte zerstochen auf und meine Wohnung roch wie eine Schande der Immobilienheit. Aber das Tier sprang fröhlich darin herum und freute sich auf ein Loisachtaler Frühstück. Und darauf kommt es ja an.

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5 Kommentare

  • Antworten Birgit Jaklitsch 15. September 2019 um 22:18

    Köstlich, Heidi, wirklich köstlich. Irgendwie mag ich Dich jetzt noch viel mehr und der Mann vor der Bäckerei ist ein doofer Dodl, so!
    Liebe Grüße aus unserer persönlichen Anti-Brumm-Wolke in Hamburg
    Birgit und Finley

  • Antworten Claudia Harfst 15. September 2019 um 23:50

    Den erfolgreichen Aufstieg zur „Schande der Menschheit“ habe ich nicht ganz verstanden, da würde ich mir noch nachahmerfreundlichere Details wünschen 😉 Dagegen ist der Duft „Dialog von Klostein mit Misthaufen“ direkt plastisch in meiner Nase nachvollziehbar. Musste direkt nach der Nasenklammer greifen …

    • Antworten Heidi 16. September 2019 um 10:40

      Hallo Claudia, tatsächlich gibt es nicht mehr darüber zu erzählen. Ich stand mit einer anderen Hundehalterin vor einer Bäckerei, ein Mann kam dazu und ging zwischen uns hindurch. Er musste nicht ausweichen, es war reichlich Platz. Als er die Bäckerei wieder verließ, plärrte er uns an, wir seien blöde Weiber und eine Schande der Menschheit. Man muss also, um Schande der Menschheit zu werden, einfach nur existieren. 🙂

  • Antworten Lena 16. September 2019 um 11:33

    Liebe Heidi, danke für deine eindrucksvolle Berichte. Die sind einfach köstlich 🙂

  • Antworten Sol 17. September 2019 um 18:28

    Hallo Heidi, auch ich habe ewig nach Antimückenspray gesucht, antiallergen etc.
    Habe auf meiner langen Suche nur 2 Lösungen entdeckt, die auch meinem Hund dienen:
    1. gutes BIO-Kokosfett (feste Masse im Glas) hilft gegen Kleinviechzeug wie Zecken, Milben etc.,
    falls man den Hund vor der Tour partiell einreibt (duftet!), und auch Menschen sind damit geschützt.
    Grund: die enthaltene Lauriensäure hält diese ab, sich auf Fell / Haut zu krabbeln.
    Bei uns klappts.
    2. das wirksamste Antimückenkrams ever:
    „Mückenschock“, eine Mischung, die in unserer naturheilkundlichen Apotheke nach eigener Rezeptur hergestellt wird.
    Duftet sehr gut und 1 Fl. für ca. 10€ reicht bei uns (viel viel großer Hund) 2 Jahre, da man tatsächlich nur sehr wenige Tropfen benötigt. Falls Du dazu Bestellinfos haben möchtest, lass es mich hier wissen….
    Viele Grüße
    Sol und die Monstermaus

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