Draußen

Gassigehen mit Ulrich Tukur.

25. August 2019

Gestern hat uns Mark Knopfler mit dem Fahrrad fast umgefahren. Bei aller Liebe zu den Dire Straits: Schön ist das nicht. Diese Rücksichtslosigkeit erinnerte mich an Sharon Stone, die sich kürzlich beim REWE an der Kasse massiv vorgedrängelt hat. Da fragt man sich doch: Hat die das nötig?

Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich treffe oft auf Prominenz. Hollywood, New York, Paris, Berlin – Menschen aus aller Welt verschlägt es in mein Viertel. Manchmal haben sie auch einen Hund dabei. Das ist oft verblüffend. Wer rechnet schon damit, dass sich Gerard Depardieu einen Bichon Frisé als Begleiter ausgesucht hat? Am überraschtesten bin ich aber immer noch, wenn ich Verstorbene treffe, wie zum Beispiel den Journalisten Hans-Joachim Friedrichs. Vor einem Handyladen. Wozu brauchen Verstorbene Handys? Schau, sage ich dann zum Tier, da vorne geht Rainer Barzel! Aber natürlich kennt das Tier Rainer Barzel nicht. Ist ja eine ganz andere Generation.

Wenn das Brötchen mal wieder dödelt, habe ich viel Zeit, Menschen zu bemerken. Ist man zielstrebig von A nach B unterwegs, oder spricht man beim Gehen mit anderen, kann einem leicht etwas entgehen. Das ist schade. Inzwischen habe ich mir deshalb die Dödelsichtweise als Standardmodus angeeignet. Manchmal kommen mir nicht nur Menschen entgegen, sondern ganze Geschichten oder aufblitzende Erinnerungen. Die gehören dann nur mir.

Vor geraumer Zeit traf ich Ulrich Tukur. Es geschah am Mainufer und er hatte seinen Hund dabei, einen stattlichen Eurasier. Ulrich Tukur machte einen enorm tukuresken Eindruck. Er trug einen langen Trench und ging zwischen großen alten Bäumen umher, während er halblaut memorierte. Sogar seine Stimme klang nach Ulrich Tukur. Ich war ohne Hund, aber mit Mensch unterwegs. Abgesehen von uns dreien war es menschenleer. Ich freute mich still. An Tukurs Hund, den Bäumen, den gemurmelten Textfetzen, dem Sonntag, dem Moment. Wir liefen weiter und ließen den arbeitenden Schauspieler auf der Wiese zurück. Hast du gesehen, sagte mein Begleiter, da war Ulrich Tukur. Klar, sagte ich. Und freute mich noch einmal. Es kommt schließlich gar nicht so oft vor, dass jemand das gleiche sieht wie ich.

 

Bild © AndreasGarciaM – istockphoto.de

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