Schreibt irgendjemand in einem Internet-Forum, dass er seinem Hund Biofutter gibt, dauert es nicht lange, bis jemand mit „Das ist ja wohl übertrieben!“ antwortet. Martin Rütter, den ich ja sehr schätze, macht sich in seinem Programm „Nachsitzen“ über Biofutter lustig, zitiert aber dann doch nur einen Verkaufstext zu wahrlich überkandidelten Keksen mit fragwürdiger Zutatenliste. Als ob das der Kern von Biofütterung wäre. Aber so ist das nun mal, die meisten Menschen setzen Bio für Tiere mit „Schnickes“ gleich, mit überflüssigem Quatsch.
Deshalb wiederhole ich mich zu dem Punkt gern ein bisschen. Heute will ich weniger darüber erzählen, warum ich persönlich Biofutter kaufe, sondern mehr die Vorteile ins Licht rücken. Ich will weniger über Ethik und Umwelt reden, als über ein paar Fakten und das, was der Hund davon hat.
Ich habe oft den Eindruck, dass sich viele Menschen den Verdauungstrakt von Mensch und Tier vorstellen wie eine Rohrpost. Oben geht was rein und unten kommt was raus. Dazwischen bleibt es irgendwo ein bisschen liegen, damit man sich satt fühlt. In Wahrheit durchdringt uns das, was wir essen. Das, was darinnen ist, gerät ins Blut und damit in jeden verborgenen Winkel unseres Körpers. Deshalb ist das, was Rind, Huhn, Lamm und Pute fressen auch in ihrem Fleisch, in ihrem Fett, in ihren Innereien. Etwas überspritzt gesagt: Das, was die Tiere fressen, fressen wir auch. So erklärt sich der schöne Begriff Nahrungskette.
In konventioneller Landwirtschaft sind viele Dinge erlaubt, die bei Bio-Erzeugung entweder verboten sind, oder strengen Auflagen unterliegen. So ist zum Beispiel der Einsatz von bestimmten chemischen Medikamenten nur mit großem Abstand zum Schlachttermin und als Ausnahme möglich, ausgewählte Futtermittel, die nicht Bio sind, dürfen nur unter bestimmten Umständen und zu einem geringen Prozentsatz eingesetzt werden und ähnliches.
Was fressen Futtertiere?
Hier mal eine kleine Liste dessen, was ein konventionell gehaltenes Tier auf die ein oder andere Art zu sich nimmt. Die Liste ist nur beispielhaft.
- Pestizidrückstände der Futtermittel
- Gentechnisch erzeugte Futtermittel, vor allem Soja
- Vitamine und Enzyme, die mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden
- Gentechnisch hergestellte Medikamente und Impfstoffe
- Verdaulichkeitsförderer
- Synthetische Aromastoffe
- Masthilfsmittel wie synthetisch hergestellte Aminosäuren
- Kokzidiostatika (Vorsorglich eingesetzte Antibiotika gegen Einzeller)
- Antibiotika und andere chemische Medikamente, z.B. Beruhigungsmittel
- Hormone und hormonaktive Stoffe aus Pestiziden
- Konservierungsstoffe
- Schimmelverhinderer
- Harnstoff
- Fischmehl
- Futtermittel mit chemischen Rückständen wir Extraktionsschrot aus der Ölherstellung
- Antioxidantien
- …
Würde das auf der Zutatenliste des Hundefutters stehen, würden wir das gar nicht mögen. Aber in der indirekten Form macht uns das nichts aus. Wir gehen immer davon aus, dass alles rückstandsfrei abgebaut wird. Doch das ist nun mal nicht der Fall. Gerade Rohfütterer und Barfer geben ihren Tieren oft größere Mengen Fett und grünen Pansen. Schadstoffe reichern sich aber im Fettgewebe an und der ungereinigte Pansen enthält sogar sichtbare Rückstände von dem, was das Tier gefressen hat. Somit füttere ich den Hund hiermit nicht nur indirekt, sondern direkt mit den oben aufgelisteten Stoffen.
Die Ausblicke auf die Zukunft sind zudem trübe. Nach dem BSE Skandal verschwand Tiermehl EU-weit von der Liste der erlaubten Futtermittel. Doch nach und nach wird die Zeit zurückgedreht. Bereits heute darf Tiermehl wieder auf Felder aufgebracht werden und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es auch wieder in den Trögen landet. Zu wunderbar ist der Zusammenhang von Abfallverwertung und Geldvermehrung.
Nun gilt all das natürlich nicht nur für die Nahrung des Hundes, sondern auch für unsere. Und trotzdem: Als Mensch kann ich große Mengen Fleisch meiden, man muss Fleisch nun wirklich nicht jeden Tag essen und schon gar nicht als Hauptnahrungsmittel. Beim Hund sieht das schon anders aus. Auch wenn es vegetarische oder gar vegan ernährte Hunde gibt, so ist es doch zumindest wahrscheinlich, dass die Fütterung mit Fleisch die gesündere und artgerechtere ist. Der Hund ist abhängig von dem, was wir ihm geben. Diese Verantwortung muss man ernst nehmen.
Ist Bio-Fleisch gesünder?
Diese Frage habe ich für mich als Mensch immer abgelehnt, weil ich sie für irrelevant halte. Es geht nun mal nicht immer nur um den eigenen Wanst und deshalb ist das wirklich nicht die alles entscheidende Frage. Aber ich wollte ja nicht über Ethik sprechen … Für den Hund ist die Frage aber durchaus spannend und das nicht nur durch den Gesichtspunkt der oben genannten Stoffe. In jedem guten Hundefutter finden sich hochwertige Öle, die nicht dazu da sind, den Energieanteil des Futters zu erhöhen. Sie werden dazu eingesetzt, um der Fleischmahlzeit das zurückzugeben, was sie natürlicherweise enthalten würde: Ein ausgewogenes Verhältnis der Fettsäuren. „Omega 3“ heißt das Stichwort, wegen dem Rohfütterer Lachsöl, Hanföl, Leinöl und manch anderes in ihren Küchen horten. Wer Bio-Fleisch füttert, kann sich das weitgehend schenken. Biofleisch hat einen doppelt so hohen Anteil von Omega 3-Fettsäuren wie konventionell erzeugtes, was daran liegt, dass die Tiere mehr Raufutter bekommen: unter anderem Gras, Heu, Stroh. Auch Biomilch enthält nachweislich deutlich mehr Omega 3-Fettsäuren. Sie sind essentiell wichtig für Mensch und Tier, für die Gelenke, das Herz-Kreislaufsystem, Haut und Haare und vieles mehr. Hinzu kommt, dass Biofleisch fester ist und weniger Wasser enthält. Dementsprechend ist die gleiche Menge Fleisch im Vergleich nährstoffreicher. Das hat übrigens damit zu tun, dass der Stress des Tieres sein Fleisch verändert. Zudem darf das Tier in der Bio-Landwirtschaft langsamer wachsen und länger leben. Es ist also nicht künstlich hochgepumpt, was sich ebenfalls auf die Fleischqualität auswirkt. Also ja, Biofleisch ist gesünder.
Gibt es auch Nachteile?
Natürlich gibt es ein paar Dinge, die man in Kauf nehmen muss, wenn man Bio füttert.
- Klar: der höhere Preis. Biofutter muss man sich leisten können. Hier muss aber unbedingt darauf hingewiesen werden, dass man nicht einfach die Preise der Dosen vergleichen kann. Denn wie ich schon in meinem Post zum Thema Discounterfutter geschrieben habe, ist der Bedarf bei hochwertigem Biofutter zum Teil halb so hoch – man muss einfach viel weniger füttern. Also unbedingt die Fütterungsempfehlungen lesen und rechnen. So wird ein beachtlicher Teil des Mehrpreises wieder aufgefangen.
- Geringere Auswahl. Gerade, wer einen allergischen Hund hat, ist oft froh, eine Sorte mit Pferd, Lamm oder Känguru gefunden zu haben. Hier ist die Auswahl bei Biofutter klein. (Bio-Pferd o.ä. gibt es ja nicht, aber es geht ja auch um die anderen Komponenten, die man z.B. pestizidfrei haben will). Wer Dosenfutter füttert, ist bei der Firma Herrmanns an der richtigen Adresse, die die größte Auswahl an exotischen Sorten haben. Für Barfer ist die Sache nicht ganz so schwierig, weil sich die Komponenten ja kombinieren lassen. Aber auch da muss man schon suchen, um gute Fleischquellen zu finden. Bio-Frostfutter gibt es beim Barf Bio Shop, in kleiner Auswahl auch bei Haustierkost, oder in noch kleinerer bei Dr. Ziegler.
- Wichtig: Sorten wechseln. Biofutter enthält in der Regel keinerlei Zusatzstoffe, auch keine Vitamine oder Mineralstoffe. Während man beim herkömmlichen Futter stumpf jahrelang die gleiche Dose füttern kann, weil das eingesetzte Fleisch ohnehin oft eher Makulatur ist und die ganze Komposition nur von dem zusammengehalten wird, was künstlich zugesetzt wurde, schlittert man mit der Bio-Dose in einen Mangel, wenn man nie wechselt. Unterschiedliche Gemüse- und Fleischsorten sind wichtig, um die ganze Bandbreite an Nährstoffen abzudecken. Einem mäkeligen Hund muss man also erst mal beibiegen, dass er öfter etwas anderes im Napf findet. Da die Zusammensetzung bei Biofutter aber in der Regel sehr pur ist, ist die Verträglichkeit hoch und Wechseldurchfall bleibt meist aus.
- Sorgenthema Leckerchen. Klar, es gibt tolle Hundekekse oder „Pralinen“ in Bioqualität. Eine super Auswahl findet man bei Bio-Tierkost. Schwieriger wird es aber, wenn man größere und harte Kauartikel sucht wie Rinderohren, Rinderkopfhaut oder Ochsenziemer. Hier wird die Auswahl klein, wir haben hier hauptsächlich Rindernackensehnen und getrocknete Hühnerhälse. Als Rinderohren nehmen wir solche, die der Deklaration nach „aus Bayern“ kommen, die sind zwar nicht Bio, aber immerhin nicht aus China, wie viele aus dem Chemiebad kommende Kauartikel.
Die Vorteile von Bio-Futter für Hunde auf einen Blick.
- Nährstoffreichere, schadstoffärmere Fleischqualität
- Gesundes Fettsäureprofil (mehr Omega 3-Fettsäuren)
- Weitgehend pestizidfreies Gemüse und Getreide
- Transparenz über die Herkunft des Fleisches
- Keine Gentechnik
- Keine synthetischen Zusatzstoffe (keine Überdosierung)
- Offene, transparente Deklaration der Zutaten
- Bedenkenloses Füttern von grünem Pansen und Fett
Das Seltsame ist, dass man mit Biofutter mehr durch weniger bekommt. So muss jeder selbst entscheiden, ob er eine gigantische Anzahl synthetischer, gentechnisch erzeugter Zusatzstoffe, vorbeugende Antibiotika und Medikamente sowie Pestizide als „übertrieben“ empfindet oder das konsequente Weglassen von all dem. Und um doch noch mal ganz kurz auf die Ethik zu kommen: Ich kann sechs Hühner auf einem Quadratmeter Stallfläche einfach nicht übertrieben großzügig finden – die Mindestvorgaben für Biohaltung.
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Titelbild © Dirk70 – fotolia.com
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