Drinnen

Das begabte Tier.

16. September 2018
Das Tier ist hochbegabt

Gelegentlich werde ich gefragt, was mein Tier denn so kann. Eine Situation, die Besitzern von Wellensittichen und Papageien sicher bekannt vorkommt. „Kann der was?“ Nun kann Panini eine ganze Menge. Süß gucken zum Beispiel. In den Augen der Fragenden ist das aber bestenfalls ein „Nice to have“, eine Art Soft Skill, auf das man auch verzichten könnte. Viel wichtiger sind für sie natürlich die knallharten Qualifikationen. Sicher, Panini verfügt über Neugier, den Willen zu lebenslangem Lernen und eine ausgeprägte Nose-on-Mentalität. Aber sie hat leider einige Lücken im Lebenslauf und entscheidende Fähigkeiten wie „tot stellen nach „Peng““, „Rolle“ oder „einmal um sich selbst drehen“ fehlen dem Tier. Es kann auch keine gute Acht laufen, das mussten wir in der Hundeschule einsehen. Wir sind brillant in der Drei und wir können eine tolle Sieben, vor allem, wenn wir eine Zwei laufen wollen. Aber eine Acht – da müssen wir passen.

Allerdings kann Panini gut Gegenstände unterscheiden. Nicht nur, dass sie den Unterschied zwischen einem Stück Holz und einem Stück Brezel aus hundert Metern Entfernung erkennen kann. Nein, auch ihre Stofftiere kann sie bestens auseinanderhalten. Die amerikanische Border Collie Dame Chaser kennt tausend unterschiedliche Gegenstände und kann sie auf Kommando bringen. Panini ist da ganz nah dran. Eines Tages stellte ich fest, dass sie auf meine achtlos hingemurmelte Frage „Wo ist denn eigentlich das Seepferdchen?“ aufsprang und mir das Seepferdchen brachte, ein abgekautes, bereits mehrfach genähtes Cord-Spielzeug. Da ich ihr das Wort „Seepferdchen“ nicht beigebracht hatte, war ich einigermaßen verblüfft. Das Tier ist also hochbegabt.

Natürlich sollte man das Unterscheiden von Gegenständen von Zeit zu Zeit etwas üben. Hochbegabten wird ja auch schnell langweilig, wenn sie nicht gefordert werden. Neulich drapierte ich also Paninis Stofftiere dekorativ im Wohnzimmer und schickte den Hund im Arbeitszimmer ins Körbchen. Ich dachte, wir beginnen mit etwas Einfachem. „Hol mal den Paul!“ sagte ich. Der Paul ist Paninis aktuelles Lieblingstier, das uns von einem Freund geschenkt wurde. Bei Paul handelt es sich um einen inzwischen stark verschmutzten Pandabär mit kleinen Dreadlocks, einem Wasserkopf und Quietschen in Bauch, Kopf und sämtlichen Extremitäten. Der Name stammt nicht von mir, ich finde „Paul Panda“ klingt ähnlich charmant wie Klaus Känguru oder Thorsten Tintenfisch. Aber Paul heißt nun eben so. Er steht sehr hoch in Kurs. Panini sprang begeistert auf, lief los und brachte mir das Seepferdchen. „Für den Anfang ist das super“, sagte ich, um das Tier nicht etwa zu demotivieren. „Das ist aber das Seepferdchen.“ Ich wiederholte es sicherheitshalber noch einmal zum Mitschreiben. „See-pferd-chen“. Ich brachte das Meerestier wieder weg und dachte wieder daran, es Panini nicht zu schwer zu machen. „Bring mir das Seepferdchen!“ rief ich. Panini zögerte nicht eine Sekunde, rannte los und brachte mir Paul, der den Hund mit seinen Quietschen anfeuerte. „Das ist der Paul!“ sagte ich und bettete Pauls Wasserkopf wieder auf den Teppich im Wohnzimmer. Vielleicht, so dachte ich, sind sich die beiden auch zu ähnlich. Paul, Seepferdchen – das klingt ja schon fast gleich. Vielleicht muss ich es doch deutlicher machen. „Bring mir mal den Tiger!“ rief ich. Der Tiger war Paninis erstes richtiges Stofftier, auch er ein Geschenk. Der Tiger hat lange Schlenkerbeine und einer seiner Füße knistert. Zu Beginn dachte ich, Panini würde den Tiger fressen wollen, wie den Geier zuvor. Geier haben sich bei uns nicht bewährt, aber so ein Tiger hat doch eine ganz andere Widerstandskraft. Er überlebt in unserem Haushalt jetzt schon jahrelang. Panini mag ihn sehr.

„Den Tiger, Panini!“ Der Hund schaute mir tief in die Augen und ich spürte, dass ihm mein Ansinnen sofort klar war. Auf keinen Fall wollte ich jetzt noch einmal Paul oder das Seepferdchen sehen. Voller Vorfreude stürzte Panini los und brachte mir das Krokodil. Das grüne Plüschtier ist Paninis viertes Stofftier, es zog vergangenen Herbst ein. In den ersten Stunden bei uns hieß es noch Kroko, was sich aber aufgrund der aktuellen Nachrichtenlage rasch zu GroKo wandelte. Dennoch ist GroKo männlich. „Das ist doch der GroKo!“ sagte ich zu meinem jetzt sehr stolzen Hund, dem das Spiel zu gefallen schien. Ich brachte den GroKo zurück und überlegte, wie ich die in Ansätzen vielversprechende Ausbildung meines Hundes fortsetzen könnte. „Panini!“ sagte ich zu meinem motiviert hechelnden Hund „Bring mir irgendwas!“ Mein Hund stürzte los und kam mit Paul zurück, den es glücklich ablegte, nicht ohne zuvor die Quietschen in Bauch, Kopf und sämtlichen Extremitäten einem gründlichen Funktionstest zu unterziehen. Endlich war es Zeit für uneingeschränktes Lob.

In der Woche darauf fragte mich eine Bekannte, was mein Hund denn so könnte. „Ich kann sie nach irgendeinem Gegenstand fragen und sie bringt ihn mir“ antwortete ich. „Wirklich irgendeinem?“ fragte sie. „Ja“, sagte ich. „Wow“, sagte meine Bekannte „Panini ist aber echt begabt!“. Ich nickte stolz. „Hochbegabt!“, sagte ich.

Diese und viele weitere Panini-Geschichten gibt’s jetzt auch in meinem Buch „Hunde, die nach hinten gucken“ – zum Verschenken und sich selbst beschenken…

* Im Falle eines Kaufs über diesen Link werden mir von Amazon ein paar Cent gutgeschrieben

 

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10 Kommentare

  • Antworten Claudia Harfst 16. September 2018 um 17:15

    Ganz toll! So ähnlich läuft das Training mit unserer Flora auch. Und sie hat etwa 15 Stofftiere, manche selbst „erbeutet“ (= draußen gefunden), auf die sie besonders stolz ist. Aber um das zu bringen, nach dem man gefragt hat, ist sie einfach zu schlau: Das wäre ja langweilig 😉

  • Antworten Jutta Oels 16. September 2018 um 18:16

    Genial! Vielen Dank für etwas Spass am Sonntagabend!

  • Antworten Inken 20. September 2018 um 12:04

    Die Jungs und ich freuen uns schon fürchterlich auf Euch! Ich bin mir sicher: Die drei werden durchgehend arbeiten und sich, im Bemühen uns zu beeindrucken, gegenseitig übertreffen.

  • Antworten Sebastian 14. Oktober 2018 um 14:28

    Bei unserem Hund ist es das genaue Gegenteil. Tot stellen, eine Rolle machen oder sich im Kreis drehen hat er drauf. Aber bestimmte Dinge zu holen klappt nur ab und zu mal, wenn er lust, dazu hat. 🙂

  • Antworten Sina 20. Oktober 2018 um 0:07

    Ich musste sehr schmunzeln beim Lesen 🙂 Odie schaut mich immer etwas wirr an, wenn er etwas holen soll 🙂 Als Senior hat er wohl keine Lust mehr auf „Kinderspiele“ 🙂 Mal sehen, ob es mit unserem Zuma besser klappt.

    Viele Grüße
    Sina

  • Antworten Julia 23. Oktober 2018 um 21:29

    Tolle Eigenschaften. Ich glaube, dass es einfach dauert, bis der Hund eine Menge versteht. Man darf nicht erwarten, dass alles von heute auf Morgen passiert.

  • Antworten Denise & Emmi 29. Oktober 2018 um 13:10

    Sehr genial 🙂 Die Art der Hochbegabung haben wir hier auch Zuhause 🙂

  • Antworten Lisa Weber 12. November 2018 um 12:06

    Sehr schöner Beitrag, werde ihn auf meinem blog : Fiffibene Hundeblog
    teilen 🙂

    LG!

    • Antworten Heidi 12. November 2018 um 15:41

      Danke, das freut mich!

  • Antworten Volkri 20. November 2018 um 12:49

    Es ist ja gar nicht so schwer, wenn man weiß, wie Hund lernt. Dann liegt der Unterschied zwischen 3 und 300 Gegenständen auch nur noch daran, ob Hund überhaupt Lust hat und an des Menschen Geduld. Manch eine/r soll ja entspechend Leerlauf am Tag haben um sich mir solchen Dingen zu beschäftigen. Ich persönlich sehe einem Border Collie lieber beim Hüten als beim Sortieren von Gegenständen zu.

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