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Alternative Medizin für Hunde: 3 große Missverständnisse.

19. August 2018
Alternative Medizin für Hunde Missverständnisse

Der SPIEGEL macht aktuell mit einem Artikel über Alternative Medizin auf – die in diesem Fall mit Scharlatanerie gleichgesetzt wird. Ich will hier nicht über Sinn und Unsinn von alternativen Heilmethoden referieren. Welchem Therapeuten er vertraut, muss jeder selbst wissen. Allerdings empfiehlt es sich schon, sich ein bisschen schlau zu machen, bevor man mit großer Geste Dinge verurteilt – oder sich zu ihrem Fan erklärt. Das gilt insbesondere für die Kommunikation im Internet, das ja bekanntlich ein immerwährender Fachkongress selbsternannter Experten ist. Ich bin keiner, um das vorweg zu schicken. Aber ich gehöre zu denen, die sich gern aufschlauen, zumindest, was Grundlegendes betrifft. Deshalb finde ich es anstrengend, immer wieder den gleichen Missverständnissen zu begegnen.

1. Homöopathie ist gleich „pflanzlich“.

Immer wieder erzählen Hundehalter, das Tier sei homöopathisch behandelt worden. Sie selbst würden schließlich auch immer erst mal etwas Homöopathisches nehmen. Iberogast-Tropfen zum Beispiel. Einen Brennessel-Tee. Oder einen Hustensaft mit Thymian.

Obacht: Pflanzliches ist NICHT automatisch homöopathisch, umgekehrt ist Homöopathie nicht automatisch pflanzlich. In der Homöopathie werden immer wieder Substanzen tierischen Ursprungs verwendet, das vielleicht bekannteste Mittel ist Apis, was aus Honigbienen hergestellt wird. Homöopathischen Arzneimitteln liegt eine bestimmte Herstellungsweise zugrunde, bei der die ursprünglich verwendete Substanz am Ende kaum oder gar nicht mehr nachweisbar ist. Das ist bei pflanzlichen Tropfen oder dem Brennessel-Tee völlig anders. Entsprechend unterschiedlich ist auch die Dosierung oder die beschriebene Wirkweise. Homöopathie und „pflanzlich“ haben so viel miteinander zu tun wie Donald Trump und Freiherr von Knigge. Beides sind Menschen. Vermutlich. Das war es aber auch schon.

2. Es ist pflanzlich, also kann es nicht schaden.

Zur Überprüfung dieses Satzes empfahl man bereits im Mittelalter einen leckeren Stechapfeltee, der den Erstickungstod nach sich zog. Wer noch nicht hinüber ist, darf sich zum Nachtisch ein paar Tollkirschen gönnen, das wird ihm sicher den Rest geben. Vorsichtige Zeitgenossen versuchen es erst einmal mit einem Tee aus Engelstrompete, mit etwas Glück lässt sich das danach aufkommende Kammerflimmern beherrschen und es tritt nur Verwirrung ein. Abzuraten ist in jedem Fall von Schierling, das hätte auch Sokrates schon gesagt, hätte er nach seiner Hinrichtung mit dieser Pflanze noch sprechen können. Bei der Herbstzeitlosen sagen die einen so, die anderen so – wer eine Therapie überstand und seine Krämpfe und Lähmungserscheinungen überwand, konnte unter Umständen hernach weniger Verdauungsbeschwerden haben. Anders beim weißen Nieswurz, der eine doch recht unangenehme und leider auch oft tödliche Atemlähmung auslösen kann. Der Nelkenzimtbaum stellt Krebserzeugendes bereit, aus der Brechnuss lässt sich ein tolles Pfeilgift zum Jagen herstellen. Die Liste lässt sich beliebig erweitern.

Obacht: Pflanzen sind deshalb wirksam, weil sie Wirkstoffe enthalten. Die lassen sich, wie synthetische Stoffe auch, überdosieren und können so zu unerwünschten bis hochgiftigen Wirkungen führen. Ganz besonders beim Hund, der ein geringeres Körpergewicht hat als der Mensch und auf viele Stoffe empfindlicher reagiert, man denke nur an den „natürlichen“ Birkenzucker.

3. Lieber etwas Pflanzliches als Chemie.

Angesichts Punkt 2 erweist sich dieser Punkt als reichlich absurd. Auch Pflanzen bestehen aus chemischen Substanzen. Aus was denn auch sonst? Luft, Wasser, Pflanzen – alles Chemie. Was vermutlich eigentlich gemeint ist: Ich ziehe die Form der Substanz, wie sie in der Natur vorkommt, einer synthetisch hergestellten vor. So mag es sinnvoller sein, dem Hund Hagebuttenpulver zu geben, als die reine Ascorbinsäure, die den Magen beeinträchtigen kann. Allerdings ist es oft nicht möglich, einen Mangel nur durch „natürliche“ Lebensmittel auszugleichen. Um den Inhalt einer Folsäure-Tablette aufzunehmen, müsste der Hund 800 Gramm Leber fressen.

Obacht: Alles ist „Chemie“. Synthetisch hergestellte Stoffe sind nicht zwangsläufig schlechter als natürliche.

Ich werde weiterhin auf alternative Medizin vertrauen – wenn ich dem dazugehörigen Therapeuten vertraue. Dogmatische Blindheit hilft meinem Hund allerdings nicht, weder in die eine noch in die andere Richtung.

 

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Alternative Medizin für Hunde

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2 Kommentare

  • Antworten Inken 21. August 2018 um 13:05

    Liebe Heidi, als Homöopathin, kann ich Dir nur in jedem Punkt recht geben. Ich staune immer wieder was Menschen annehmen übe die Homöopathie zu wissen… den Artikel musste ich (mal wieder) direkt bei Facebook teilen. Und eigentlich wäre es DER Artikel für meine Webseite gewesen 🙂

  • Antworten Christine Lönnecke 24. August 2018 um 18:41

    Danke schön!! Endlich mal jemand, der diese ganzen Missverständnisse vernünftig aufklärt! 🙂

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