Draußen

Endlichkeit – ein Glücksrezept.

9. Juni 2018
Panini und die Ewigkeit

Einen Hund bei sich aufnehmen ist ein bisschen wie heiraten. „Bis dass der Tod uns scheidet“, das ist die Idee – zumindest, wenn man kein sozialer und emotionaler Trümmerhaufen ist. Nun kann der Hund, im Gegensatz zum Menschen, nicht „ja“ sagen, er wird vom Fleck weg in eine Lebensgemeinschaft gesetzt, die er sich nicht ausgesucht hat. Außerdem ist es für den Menschen so, als würde er einen wesentlich älteren Partner heiraten. Im Grunde ist ja „Bis dass Dein Tod uns scheidet“ gemeint. Wir gehen davon aus, dass uns der Hund etwa 10 – 15 Jahre lang begleitet (sofern wir ihn als Welpen aufnehmen) und dass er vor uns gehen wird. Die Möglichkeit der umgekehrten Variante verdrängen wir lieber. 15 Jahre, so lange hält derzeit eine durschnittliche Ehe in Deutschland. Ich kann also mit meinem Vergleich trotz des leichten Hinkens ganz zufrieden sein.

Und doch bekommen wir in der Gemeinschaft mit dem Tier etwas hin, was uns in menschlichen Beziehungen häufig nicht gelingt. Die Endlichkeit der gemeinsamen Zeit vor Augen sind wir mehr geneigt, die Kostbarkeit des Moments wahrzunehmen. Der Hund selbst ist uns dabei der beste Lehrmeister. Er braucht das Bewusstsein von Vergänglichkeit nicht einmal, um sich im Augenblick häuslich einzurichten. Das Tier ist immer ganz bei sich und bei dem, was es tut. Nicht bei der Steuererklärung und dem Kontoauszug, aber auch nicht bei dem bevorstehenden Urlaub. Es ist einfach nur ein Genussbolzen, der gerne isst, schläft, tobt, mit uns zusammen ist. Beinahe sind wir neidisch.

Aber nur beinahe, dann reißt es uns wieder fort, weil wir daran denken, dass wir keinen Zaubertrank haben, um sein Leben auf ewig zu verlängern und dass er uns verlassen wird. Und da haben wir noch etwas, was zur Analogie der Eheschließung passt: die Liebe. Während sich der Ehepartner im durchschnittlichen Fall nach 15 Jahren in die Wüste schicken lässt, ist uns das gemeinsame Leben mit dem Tier viel zu kurz. Das wissen wir bereits nach einem Jahr und mit jedem weiteren wird das Zusammenleben kostbarer und köstlicher, weil wir wissen, dass es ein Ende haben wird. Vergänglichkeit ist das Prinzip unseres Lebens, aber üblicherweise tun wir so, als wäre es anders. Der Hund erinnert uns daran, welche Idioten wir sind, die wir das Leben nicht intensiv genießen. Die wir uns Sorgen machen um Dinge, die vielleicht nie eintreten. Die wir uns mit Banalitäten aufhalten, anstatt einen kleinen Gummiball Richtung Horizont zu werfen.

Ein Trockenblumenstrauß gehört zu den traurigsten Dingen, die man erstehen kann. Denn seine Liebhaber verstehen nicht, dass Schönheit und Glück nur um den Preis der Vergänglichkeit zu haben sind. Unser Dasein ist nun mal endlich. Im Falle des Hundes müssen wir das in der Regel bezeugen, ob wir wollen oder nicht. Darin steckt allerdings die Chance, ein besserer Mensch zu werden, der sich Tier wie Mensch gegenüber anständig benimmt. Der den Tag genießt und vermeintlich unwichtigen Dingen wie ziellos durch Feldwege streifen, an quietschenden Stofftieren zerren oder kleine stinkende Kekse zwischen den Möbeln verstecken, viel Platz einräumt. Einfach nur, weil jemand anders darüber glücklich ist. Und dieses Glück wie ein gut erzogener Hund eilig zu uns zurückkommt. Insofern sind Hundebesitzer privilegiert. Mit dem Ende der Leine halten sie jeden Tag den Schlüssel zum Glück direkt in ihrer Hand.

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3 Kommentare

  • Antworten mo 9. Juni 2018 um 17:01

    Das hast Du wunderbar geschrieben! Danke!

  • Antworten Christoph 9. Juni 2018 um 18:02

    Ganz toll geschrieben und wir erleben es selbst immer wieder aufs Neue. Hunde leben, wir Menschen hasten eilig hindurch (meistens jedenfalls). Aber es liegt an Jedem selbst zumindest in diesem Punkt etwas auf seine Fellnase zu hören, bzw. von ihr zu lernen.

  • Antworten Socke-nHalterin 10. Juni 2018 um 17:08

    “Das wissen wir bereits nach einem Jahr und mit jedem weiteren wird das Zusammenleben kostbarer und köstlicher, weil wir wissen, dass es ein Ende haben wird. Vergänglichkeit ist das Prinzip unseres Lebens, aber üblicherweise tun wir so, als wäre es anders. Der Hund erinnert uns daran, welche Idioten wir sind, die wir das Leben nicht intensiv genießen. Die wir uns Sorgen machen um Dinge, die vielleicht nie eintreten. Die wir uns mit Banalitäten aufhalten, anstatt einen kleinen Gummiball Richtung Horizont zu werfen.”

    In unserer besonderen Situation sind diese Zeilen ganz besonders wichtig ….

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke, die sich noch etwas Endlichkeit wünschen

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