Draußen

Hunde verlassen.

26. November 2017

Noch so ein Ding, das in Hundeschulen vernachlässigt wird! Hunde verlassen. Wie geht das? Ich spreche nicht von Hunden, die schlecht alleine bleiben können. Nein, ganz normales alltägliches Hunde verlassen meine ich. Wenn der Hund im Körbchen liegt und einen ansieht. Wenn der Hund mit seinem Blick diese drei Worte sagt, die einem täglich aufs Neue das Herz zerreißen: Du gehst weg?

Als Panini einzog, habe ich sie geradezu gern verlassen. Ich konnte ja zuvor tun und lassen, was ich wollte, war frei und unabhängig. Und plötzlich hatte ich ein kleines Wesen bei mir, das ganz und gar auf mich angewiesen war, nach der OP war sie ja regelrecht pflegebedürftig. Da war es manchmal toll, die Tür hinter mir zu schließen und einfach meinem normalen Leben nachzugehen. Es tat mir gut, auch mal ohne den Hund etwas zu unternehmen, nicht auf sie achten zu müssen. Nachts schloss ich die Tür von meinem Schlafzimmer, um auch mal für mich zu sein.

Heute würde ich mir den Hund am liebsten mit einer Sherpa-Trage auf den Rücken montieren, um sie immer und überall mitnehmen zu können. Ich hätte sie gern im Kino dabei. Oder beim Einkaufsbummel. Bei Meetings. Eigentlich immer. Das geht natürlich nicht und es wäre auch furchtbar unpraktisch. Also muss ich sie immer wieder verlassen.

Panini hat keine besonderen Probleme mit dem Alleinbleiben. Sie schnarcht zuhause herum und veranstaltet ein großes Durcheinander aus Kissen und Decken, bis es ihr auf dem Sofa bequem genug ist. Sie jault nicht, bellt nicht, macht nie etwas kaputt. Wenn ich nach Hause komme, hebt sie kurz den Kopf. Leidenschaftlicher fällt die Begrüßung äußerst selten aus.

Und trotzdem ist es so schwer, zu gehen. Am Schlimmsten ist es, wenn der Hund begeistert aufspringt, weil er denkt, wir unternehmen jetzt etwas. Egal was, Hauptsache wir fahren oder gehen irgendwo hin. Dieser unerschütterliche Glaube, dass es sich um etwas Tolles handeln wird, was man vorhat, wenn man das Haus verlässt, ist phantastisch und etwas, um das ich Panini beneide. Würde ich meine Zahnarztbesuche mit der gleichen enthusiastischen Neugier starten können wie Panini ihre Besuche bei Ärzten und Therapeuten, würde sich das Leben an diesen Tagen sicher gleich besser anfühlen. Panini erlebt gern etwas, deshalb freut sie sich, wenn es raus geht, egal wohin. Sie sollte mir ein Vorbild sein. Diesen kleinen Begeisterungsschub, das freudige Wedeln jäh zu beenden, ist eine furchtbare Aufgabe. „Nein Panini, Du kannst nicht mit.“ Fassungslos sieht mich der Hund an. Nicht mit? Du gehst ohne mich? Weg? Mein Herz zerspringt. „Ich bin ja bald wieder da.“ Sage ich dann immer. Das versteht der Hund nicht, aber ich sage es trotzdem.

Der Hund, so heißt es, ist ein Rudelwesen und als solches üblicherweise nicht allein. Deshalb fällt ihm das Zurückbleiben schwer. Vermutlich bin in Wahrheit ich das Rudelwesen und ich möchte nicht ohne mein Rudel sein. Nicht ohne meinen Hund. Die Tür fällt ins Schloss. Draußen ist es kalt und ungemütlich, drinnen steht ein Körbchen mit einem warmen und weichen Hund darin. Einfach ist das alles nicht. Niemand bereitet einen darauf vor, wie sehr man irgendwann an seinem Tier hängt. Was wohl in Menschen vorgeht, die wegziehen und ihren Hund am alten Haus zurücklassen? Die mit ihrem Hund jahrelang zusammengelebt haben und ihn alt und krank ins Tierheim bringen oder irgendwo anbinden? Da müssen wohl ein paar wichtige Schaltkreise im Oberstübchen nicht geschlossen sein, anders kann ich mir das nicht vorstellen.

Das Beste am Hund verlassen ist jedenfalls das zum Hund zurückkommen. Die Wohnungstür aufschließen, da bin ich wieder! rufen und dem Hund ein übelriechendes Essen machen. Erst dann ist die Welt wieder ganz in Ordnung.

 

Titelbild ©huyen – unsplash.com

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8 Comments

  • Reply Inken 26. November 2017 at 19:35

    Liebe Heidi, auf einer Seite hast Du es leichter als ich: Ich muss nämlich gleich zwei Hunde auf einmal verlassen. Und im derzeitigen Haus sitzen sie dann am Fenster und schauen mir hinterher…. jedes Mal ist es grausam für mich. Beim Nachhausekommen sind die Herren anders als Panini… sie rasten aus… sie machen ein Theater, dass Du es über die ca. 450 km hören müsstest (nein es ist kein Gewitter in der Ferne: Es sind William und Voltaire, wenn ich nach Hause komme). Aber insgesamt sprichst Du mir aus der Seele – wieder einmal.

    • Reply Marion Meier 27. November 2017 at 15:11

      Ja, ich weiß, was du meinst. Und doch habe ich es sehr viel leichter, da unsere Hunde zu dritt zurückbleiben. Ich denke, wenn einer alleine ist, ist es schwieriger. Und ja, jemand, der sein Tier (egal ob Hund oder Katze), das sein Leben teilt, einfach zurück lässt oder im Tierheim abgibt, kann nicht richtig sein im Kopf. Danke für deinen schönen Beitrag, ich lese deine Beiträge überhaupt sehr gern, wollte ich dir eh schon eine Weile mal sagen.

      • Reply Heidi 27. November 2017 at 15:16

        Danke sehr, das freut mich! Ja, vermutlich ist es ein bisschen einfacher, wenn Hunde zusammen sind. Inken würde da wahrscheinlich widersprechen (siehe erster Kommentar …)

    • Reply Heidi 27. November 2017 at 15:17

      Ich bin froh, dass Panini nicht auch noch Theater macht. Das würde es ja wirklich noch schwerer machen.

  • Reply Wolfhart 4. Dezember 2017 at 16:37

    Wenn unsere Tiere „alleine“ zurück bleiben, dann sind sie genau genommen nicht alleine. Es bleiben schließlich drei Hunde und zwei Katzen zurück. Mit Hund Nummer 1 und Nummer 3 haben wir das alleine lassen allerdings auch geübt. Bei Hund Nummer 2, unserem Galgo Mädchen, haben wir genau das versäumt. Und das ist uns auch schon mächtig in „die Hacken gefahren“. Als sie sich mal ordentlich verletzt hatte und eigentlich Ruhe und Schonzeit angesagt war, da konnten wir nicht mit den anderen beiden Hunden losziehen und sie alleine lassen. Ihr Jammern war durch die geschlossenen Fenster bis zur nächsten Straße zu hören und hörte auch nicht auf. Deshalb sollte man so etwas auf jeden Fall von klein auf üben. Wenn einer der anderen beiden Hunde bei ihr bleibt ist die Welt allerdings halbwegs in Ordnung. Und mit einem Hund alleine zu laufen ist auch kein Problem.

    Für bestimmte Situationen haben wir allerdings auch bestimmte Wörter oder Sätze, die sich einfach so im Laufe der Zeit ergeben haben. Bei außerplanmäßigen Abwesenheiten sagen wir z.B. „wir fahren nur einkaufen, wir sind gleich wieder da“. Das „verstehen“ die Hunde, drehen ab und legen sich in ihre bevorzugten Ecken.

    Über solche Gestalten (ich weigere mich in diesem Zusammenhang von Menschen zu sprechen, denn Mensch sein impliziert ja auch Menschlichkeit), die Hunde einfach aussetzen, anbinden, etc. möchte ich lieber keine Worte verschwenden!

    Ich persönlich freue mich schon morgens wenn ich das Haus zur Arbeit verlasse auf meine Rückkehr. Der Tag kann noch so schlecht gewesen sein – spätestens wenn ich die Türe geöffnet habe, angesprungen, angesabbert und gekratzt werde, ist die Welt wieder in Ordnung 🙂

  • Reply Volker 30. Dezember 2017 at 5:16

    Moin,
    da ich mit Hunden arbeite, kann ich meine beiden meistens bei mir haben.
    Ansonsten ist das Alleinebleiben eins der ersten Dinge, die meine Hunde (und auch meine Kunden) bei mir lernen.
    Bei mir gibt es kein Gedöns, wenn ich gehe und kein Gedöns, wenn ich wiederkomme.
    Kommen und Gehen ist das selbstverständlichste der Welt.
    Das einzige was ich sage, wenn meine Hunde aufblicken, ist: „ Ihr bleibt hier.“
    Dann gehen die Köpfe wieder runter. Dann gehe ich, kein Blick zurück, nix.
    Wenn ich wiederkomme gibt es einen kurzen Blickkontakt und gut ist‘s.
    Wer aufgeregte Hunde mag, darf gerne seine Hunde aufdrehen. Mir persönlich sind ruhige Hunde lieber. Die haben es beim Alleinesein auch leichter und sitzen nicht auf “glühenden Kohlen”.
    Ob einer oder mehrere Hunde, ist dabei egal.

    Liebe Grüße

  • Reply Steffi 4. Februar 2018 at 11:57

    Du hast so recht damit! Es ist verdammt schwer, einfach zu gehen und den Hund zurückzulassen. Ich mache da aber kein großes Thema draus und streichle ihn kurz und gehe dann. Wenn ich wieder komme, steht er ganz selten mal an der Tür und begrüßt mich. Meist liegt er aber auf seinem Kissen und guckt nur kurz auf, wenn ich das Haus betrete. 🙂

    Liebe Grüße
    Steffi

  • Reply Florian 24. Februar 2018 at 13:27

    Ja, dass stimmt es ist sehr schwer diesen Schritt zu gehen, aber leider ist dass oftmals nicht anderst möglich.
    Ich zb. streichel meinen Hund und sage zu ihm das ich gleich wieder da bin, damit er weiß dass ich auch gleich wieder komme.

    Super Beitrag und Blog im Übrigen, mach weiter so 🙂

    Gruß Florian

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